Bogor
Vor meinem Meditationskurs, habe ich noch 2 Tage in Bogor verbracht- und die hab ich voll ausgenützt.
Gleich nach meiner Ankunft haben mich 2 Tourguides aufgegabelt- wer in Indonesien ist eigentlich kein Tourguide 😉 und haben mir alle möglichen Tipps gegeben! Man braucht hier wirklich fast nichts selbst zu planen, es passiert immer alles von alleine. Hab ich schon erwähnt, dass ich Indonesien liebe?!
Auf jeden Fall an diesem Tag habe ich mir noch den Botanischen Garten angesehen- ein wunderschönes Areal in dem der hiesige Präsidentenpalast steht…
Und Abends gabs in meiner Unterkunft einen kleinen Kochkurs- naja Kochkurs ist übertrieben, eine Frau hat uns gezeigt wie man die hier allseits gern verwendete Erdnusssauce macht- war echt interessant…
Und auch die Leute die hier sonst noch so wohnen sind sehr nett. 2 Jungs waren dabei, die auch den Meditationskurs machen, Chad aus Amerika, und Alan indonesischer Herkunft lebt aber in Holland. Und 2 Jungs aus Holland und aus Frankreich, die gerad einen Kurs abgechlossen haben- wir konnen also alles fragen, was wir wissen wollten- war echt extrem interessant!
Am zweiten Tag hab ich eine Tour mit Muhmut gemacht.
Wir sind zu den Cigamea Wasserfällen gefahren…
und zu einem Aussichtspunkt wo man Reisfelder bewundern kann…

Danach gings noch in eine Holzfabrik wo sie traditionelle Puppen für Marionettenspiele herstellen. Sehr interessant :-), und weil die da so nett waren und ich sogar einen Kopf selber bemalen durfte (nur die weiße Grundierung) hab ich einen Holzkopf gekauft- ein nettes Souvenier!…
Am Abend wuchs die Anzhl der Teilnehmer für die Meditation in meiner Unterkunft auf 8 Leute- echt witzig! Eine bunt gemischte Truppe. Zu Chad und Alan kamen noch, Chantall 😉 aus Kanada, Grace aus England, Patrick aus Deutschland, Barbara aus Spanien und Michael aus Österreich.
Blöderweise habe ich am letzten Abend noch einen Schnupfen bekommen- das passt mir grad gar nicht hinein- bei der Vipassana Meditationstechnik geht es in den ersten Tagen um die Atmung 🙁 ! Mal schaun…
Dann ist es wirklich ernst geworden…
Ich musste alles abgeben was Spaß macht- Handy, Tablet, Fotoapperat, Tagebuch, Zigaretten.
Vipassana bedeutet Einsicht- die Dinge sehen wie sie wirklich sind. Und es gibt 5 einfache Regeln: no killing (bezieht sich natürlich auch auf Insekten), no stealing, no lying, no sexual misconduct ( ich habe mich während meiner schweigsamen Zeit mal gefragt, was unter sexuelles Fehlverhalten fällt- ist es Sex den man im Nachhinein bereut, oder fällt darunter auch Sex den man im Nachhinein nicht bereut?), no intoxicants (keine Zigaretten, keine Drogen, kein Alkohol 🙁 )
Damit einem die 5 Regeln etwas leichter fallen wird die „noble silence“ praktiziert- kein Sprechen, kein Augenkontakt, kein Lächeln, keine Zeichen geben, wenn sich der Weg mit einem anderen Teilnehmer kreuzt immer zu Boden sehen, kein Schreiben (ich hab trotzdem Stift und Papier reingeschmuggelt), kein Lesen, kein Essen außerhalb der Essenszeit, absolut keine Ablenkung… Und das mit dem Sex wäre sowieso schwierig geworden, weil das gesamte Areal in der Mitte abgetrennt war- links waren die Männer, rechts die Frauen, und der einzige Ort wo wir uns eventuell sehen hätten können war die Meditationshalle, aber da mussten wir immer unsere Augen schließen.
Es heißt 10 Tage ist das absolute Minimum um zur Ruhe zu kommen, und mit dem Geist-Körper Phänomen arbeiten zu können.
Und jedem Schüler der an einem Vipassana Meditationskurs teilnimmt, wird dieser Kurs als ein Geschenk von einem vorherigen Teinehmer gegeben, was auf einer freiwilligen Spende in selbstbestimmter Höhe basiert.
Der Tagesablauf war folgender:
Ja so sahen meine letzten Tage aus. Und ich muss sagen, alles was ich mir im Vorhinein vorgestellt habe, was am schwersten sein wird, war halb so schlimm, aber es kamen Dinge auf mich zu mit denen ich einfach nicht gerechnet habe.
TAG 1
Das Aufstehen um 04:00 zum Beispiel fiel mir überraschend leicht, aber die zweistündige morgentliche Meditationssitzung vor dem Frühstück war umso anstrengender. Die 2 Stunden von 09:00- 11:00 durften wir dann im Zimmer meditieren, aber nachdem jeder anstatt zu meditieren geschlafen hat, war es das erste und letzte Mal, dass wir im Zimmer „meditieren“ durften. An diesem Tag sollten wir uns ausschließlich auf unseren natürlichen Atem konzentrieren, und wer es schafft sich 10 Stunden lang auf seinen Atem zu konzentrieren ist für mich ein unschlagbarer Hero!! Es ist unglaublich wie schnell die Konzentration schwindet und man sich völlig unbewußt seinen Gedanken über alles möglichen hingibt. Ziel ist es in diesem Kurs die Kontrolle über seinen Geist zu gewinnen, denn wer glaubt, die Kontrolle über seinen Geist zu haben der irrt gewaltig. Ich muss gestehen, wenn ich es am ersten Tag geschafft habe mich insgesamt 10 Minuten auf meinen Atem zu konzentrieren war es viel. Zusätzlich zu den 10 Stunden Meditation kam noch der allabendliche einstündige Audio-Vortrag von S.N. Goenka hinzu- das ist der Oberguru dieser Meditationstechnik. Da bekamen wir immer die Instruktionen für den nächsten Tag, und man glaubt es kaum wie sehr man es ausschmücken kann jemanden zu instruieren, dass man am nächsten Tag auf die Regionen achten soll die der Atem beim ein- und ausatmen berührt.
TAG 2
Sometimes to your left nosetril, sometimes to your right nostril, and sometimes to both- wenn ein Inder versucht englisch zu reden hört es sich nicht an wie englisch und es ist unglaublich schwierig ihn zu verstehen und meisten muss ich lachen (natürlich nur innerlich) über seine Aussprache …ja, und wer es schafft sich 10 Stunden lang darauf zu konzentrieren welche Regionen der Atem beim ein- und ausatmen berührt, vor dem kann ich mich nur verbeugen!…An diesem Tag hab ich gemerkt, dass wir uns beim Frühstück Toasts machen können- mit einer Schockocreme- ich war gerettet- gebt mir einen Schockotoast am Morgen und ich kann alles durchstehen :-)!…Und danach gings wieder ins Kopfkino- hab einige Ideen für Klamotten und Tätowierungen gesammelt und mir Gedanken gemacht über Dinge die mich ärgern, Dinge die ich nicht verstehe, Verhaltensweisen von gewissen Menschen, wahre Freundschaft, Fehler die ich gemacht habe…und und und :-)!
TAG 3
Tagesinstruktion- auf die Empfindungen achten die in den Regionen entstehen wo der Atem beim ein- und ausatmen berührt. Als wir dann in kleinen Gruppen zu den Lehrern geholt wurden, und gefragt wurden wie es uns mit den Aufgaben geht, hab ich gesagt dass ich keine Empfindungen in diesem Bereich spüre, ob es wichtig wäre, dass man da was spürt. Die Lehrerin hat gemeint, es ist ganz normal, ich soll es weiter versuchen, und ja es ist wichtig dass man in diesem Bereich Empfindungen wahrnimmt. Nachdem ich es noch ein paar Mal versucht habe, und ich nichts gespürt habe, habe ich mich wieder ausgeklinkt und meinen Geist die Kontrolle übernehemn lassen. Und es gab so viel über dass ich mir wiedermal mit Freuden Gedanken gemacht habe! Größtenteils sind mein Geist und ich ganz gut befreundet, und es kann ein so gutes Gefühl sein ihm die Kontrolle zu überlassen und in eine andere Welt abzutauchen, aber das ist das genaue Gegenteil von dem was wir hier machen sollten. Während der Abendmeditation hab ich schon ein paar Mal die Augen aufgemacht und nachgesehen, wie es den anderen so geht- man fühlt sich als Teil von etwas Besonderem wenn ca. 50 Menchen gemeinsam im Dämmerlicht sitzten und versuchen Empfindungen der Atmung zu spüren und es so unglaublich leise ist.
TAG 4
Die Empfindungen die man spüren sollte kamen bei mir noch immer nicht, aber ich muss auch erlich gesagt gestehen, ich hab mich nach einer Weile völlig ausgeklinkt, und es gar nicht mehr wirklich versucht- das Ziel schien mir zu hoch gesteckt- nämlich am Schluß erleuchtet zu sein- gleichmütig Allem gegenüber und alles einfach sein lassen ohne eine emotionale Regung zu verspüren. Ich kann dafür jetzt schon ziemlich lange im Schneidersitz sitzen ohne mich zu bewegen- denkt ihr ich kann das irgendwie in meinen Lebenslauf einbauen? Ich komme mir auch ein bißchen assozial vor wenn ich jemandem begegne und wir immer nur zu Boden sehen- nach einiger Zeit hat man das Gefühl, dass einem alle unsympathisch ist, und man sich nachher in der realen Wet nicht mehr zurecht finden wird.
TAG 5
Es ist unglaublich wie langsam die Zeit vergeht wenn man nichts zu tun hat- eine Stunde kann so derartig lange sein- es kommt einem teilweise sogar vor wie 2 Stunden. Also Leute wer immer sagt die Zeit vergeht so schnell, sollte sich mal ein wenig in Entsagungen üben, und wird sehen, dass es auch viel langsamer gehen kann ;-). Ich teile mir ein Zimmer mit zwei anderen Mädels- da ist man so gut wie nie alleine, das nervt manchmal ein bißchen. Ich nehm mir immer mein Schreibzeug mit in die Dusche und schreibe dort meine Eindrücke auf 🙂
TAG 6
Ich hab Kontakt mit einer Russin- Ekaterina, sie versorgt mich heimlich mit Vitamin C Tabletten, da sie mitbekommen hat, dass ich einen Schnupfen habe. Manchmal tauschen wir ein paar Worte aus, wenn wir uns begegnen- das ist nett. Ich dachte schon ich kann kein Wort mehr englisch sprechen wenn ich wieder reden darf. Beim Meditieren sollten wir grad unsere Körper Region für Region abscannen und auf Empfindungen achten. In manchen Regionen ist es ein bißchen einfacher, aber in den meisten Regionen spürte ich einfach nichts, also wieder ab ins Kopfkino :-)…
TAG 7
Beim Vortrag wird oft über das Elend in dem wir leben gesprochen, denn eigentlich leben wir von der Geburt an im Elend und können nur erlöst werden wenn wir unseren Geist befreien, und ins Nirwana aufsteigen… Naja ich muss sagen, manchmal ärgere ich mich über einige Aussagen- bis ich hier reingekommen bin hatte ich nicht im geringsten das Gefühl, dass ich im Elend lebe!! Und die Leute die hier arbeiten und Vipassana schon länger praktizieren erscheinen mir nicht im geringsten glücklich! Egal ich picke mir einfach das heraus was ich für mich als gut empfinde und ziehe weiter.
TAG 8
Das Aufstehen fällt von Tag zu Tag schwerer, und beim Vortrag am Abend fallen mir die Augen schon fast zu. Meine Ideen für alles möglich sprießen und sprießen. Beim Meditieren sollen wir noch immer unsere Körper abscannen, der einzige Unterschied ist, dass wir am Tag 5 von oben bis untern arbeiten mussten, am Tag 6 von unten nach oben, am Tag 7 beides, und heute beidseitig 🙂 . In der Pause hat Ekaterina heute aus meiner Hand gelesen- und sie hat festgestellt, dass ich „strange“ bin 🙂 wer hätte das gedacht!!
TAG 9
Nur noch ein Tag und wir dürfen miteinander reden- ich freue mich schon wie ein kleines Kind!! Und ich freu mich schon auf Cafe Latte, eine zu Rauchen, Leute lachen zu sehen, wieder tun zu können was ich will, länger schlafen, ein Zimmer für mich alleine, andere Klamotten, Nachrichten von lieben Menschen zu bekommen,…
TAG 10
Last day- ab 10:00 war die „noble silence“ aufgehoben, aber nicht in der Meditationshalle, also sind wir raus und Barbara und ich sind uns gleich um den Hals gefallen- ein echt nettes Mädchen. Wir waren so aufgeregt, dass wir vor lauter reden gar nicht mehr zusammengekommen sind- wir hatten 2 Stunden Zeit bis zur nächsten Meditation und die haben wir ausgenutzt :-)! Nachdem wir wieder reden durften waren mir alle sympathisch- lauter nette Mädels und viel Eindrücke auszutauschen. Wir durften sogar wieder mit den Jungs reden.
Am letzten Tag mussten wir dann noch alles putzen und wir wurden wieder in die Freiheit entlassen. Ein komisches Gefühl, ich hatte fast ein bißchen Angst davor wieder alleine zu sein! Bin gemeinsam mit ein paar Leuten noch Bogor gefahren, um dort den Bus nach Bandung zu nehmen, und als wir ausgestiegen sind haben wir uns gleich zu Starbuks geschmissen und dort 4 Stunden lange gequatscht- der Abschied fiel wiedermal schwer, und ich glaub ich bin jetzt ca. um 30 Telefonnummern aus der ganzen Welt reicher! Ein schönes Gefühl!
Für mich war auch interessant wieviele Nachrichten sich so ansammeln, wenn man mal 10 Tage offline ist, und das Resultat war waren 90 Mails und 197 Whats App Nachrichten- halb so wild 🙂 !
So jetzt gehts weiter in den Osten, ich will noch soviel wie möglich von Java sehen bevor ich wieder ausreisen muss…